Nerthus Einkehr

In Winterkälte verhüllt, verharrend,
wartest du auf deine Wiederkehr
in der Wonnezeit.
Wir werden dich willkommen heißen,
in deinen Rhythmen ruht das Leben.
Mutter Erde, Ernährerin.
Das goldene Getreide
reifend in Sunnas Strahl,
ist dein Geschenk, Gütige.
Heil dir, holde Nerthus.

Das Nerthus-Astgabel-Idol vor der Tür zum Erdkeller

Der Jahreslauf hat viele Gesichter, die stets mit dem Neuen beginnen, sich über das Wachsen und Werden fortsetzen, sich in der Fruchtbarkeit entfalten und in reifender Fülle dem Abschied zuneigen. Am Ende stehen Vergänglichkeit und Auflösung, die wieder den neuen Beginn hervorbringen. Diesen Lauf prägt das uralte Bild der Allmutter Erde, der Nerthus – sie entspricht der Urhandlung des schöpferischen Waltens und Aufgehens. Dieser Grundgeste der Natur einen Ausdruck zu verleihen, reicht bis in die frühesten Phasen in der Geschichte der Völker zurück.

Das Nerthus-Idol im Erdkeller vor den Obst- und Gemüsekisten

Bis wir nun wieder den ersten Frühlingswind im Gesicht spüren, der kühl durchs blattlose Geäst im Morgentau streicht, wird eine Weile vergehen. Denn dafür müssen wir zunächst das Tal der Vergänglichkeit durchlaufen. Gemeint ist damit der fortschreitende Herbst, der uns vor Augen führt, dass wir nun so langsam von der reifendenden Fülle Abschied nehmen müssen. Und darauf folgt der Winter. Denn dies ist auch die Zeit, in der Nerthus zurück zur Allmutter Erde geht. Die Einkehr, durch die dunkle Pforte hinein ins Erdreich, wo sie geschützt vor den Sturm- und Frostriesen geduldig bis zu ihrer Wiederkehr ausharrt.

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