Wer ist eigentlich dieser Ruprecht, der in heutiger Zeit meist als Gehilfe des „heiligen Nikolaus“ auftritt. Und wofür braucht der Nikolaus einen Gehilfen? Und wer von den beiden ist der Weihnachtsmann?
Ruprecht geht auf mittelhochdeutsch Ruotperht/Hruodpercht und althochdeutsch Hruodperaht zurück, was soviel wie ‚Ruhmstrahlender‘ oder ‚der von Ruhm Strotzende‘ bedeutet.
Ruprecht, eine Figur der Folklore, ist eng mit alten germanischen Mythen und Bräuchen verbunden. Sein Name leitet sich von Hroutpercht ab, einem Begriff, der sich aus den althochdeutschen Wörtern hrôd („Ruhm“) und peraht („glänzend“ oder „prächtig“) zusammensetzt. Diese Verbindung zur Glanz- und Ruhmeswelt gibt uns Einblick in die tiefere Symbolik dieser Gestalt und ihre Entwicklung von einer heidnischen Gottheit hin zur heutigen Begleiterfigur des christlichen Weihnachtsmanns.
Hroutpercht wird in der Forschung als ein Fragment heidnischer Bräuche und Vorstellungen gedeutet. Die Bezeichnung könnte mit Perchta, einer süddeutschen und alpenländischen Sagengestalt, verwandt sein. Perchta war ursprünglich eine Schutz- und Fruchtbarkeitsgöttin, die in den Rauhnächten durch die Lande zog und über Ordnung und Wohlstand wachte. In dieser Tradition spiegelt sich ein Aspekt von Hroutpercht wider: als ein Wesen, das zwischen den Welten wandert und Menschen für ihr Verhalten belohnt oder bestraft.
Hingegen ist Nikolaus nach der christlichen Lehre ein Heiliger, steht somit nicht im Kontext des germanischen Julfests. Anders Herr Ruprecht, der keineswegs ein Knecht ist, sondern in seinem blauen Mantel, der ursprünglichen Farbe des Weihnachtsmann-Umhangs, auf den höchsten Gott der germanischen Religion verweist. Grimm wies 1835 darauf hin, daß neuhochdeutsch Ruprecht auf mittelhochdeutsch Ruotperht/Hruodpercht und althochdeutsch Hruodperaht zurückgeht, was ‚Ruhmstrahlender‘ oder ‚der von Ruhm Strotzende‘ bedeutet, womit Wodan gemeint ist. Parallelen wären beispielsweise, daß der Weihnachtsmann häufig auf einer Art Thron dargestellt wird (z.B. auf Weihnachtsmärkten) oder zumindest auf einem erhöhten Sitz. Es ist sicherlich sehr spekulativ, aber hier ließe an Hlidskjalf denken. Weitere Symbole: Ruprecht reitet auf einem weißen Schimmel (Sleipnir) durch die Lüfte oder erscheint als Wanderer mit einem Wanderstab (in Gestalt des Wanderers führt Óðinn einen Stab, den er bei Bedarf in seinen Speer Gungnir verwandelt). Ruprecht trägt einen langen Bart, dazu einen blauen Mantel mit Hut und weiß über alle Geschehnisse Bescheid.
Mit der Christianisierung wurden viele heidnische Figuren umgedeutet. Hroutpercht verlor seine göttliche Rolle und wurde in der mittelalterlichen Folklore zu einer dämonischen oder belehrenden Gestalt umgeformt. In dieser Übergangszeit entstand vermutlich auch die Figur Knecht Ruprecht, der als Begleiter des heiligen Nikolaus im deutschen Weihnachtsbrauchtum bekannt ist.
Knecht Ruprecht übernimmt hier die Funktion eines Erziehers: Während Nikolaus die braven Kinder belohnt, warnt Ruprecht vor Fehlverhalten. Diese duale Funktion lässt sich auf die ursprüngliche Rolle von Hroutpercht zurückführen, der sowohl Belohnung als auch Strafe symbolisierte – ein Motiv, das tief in der germanischen Mythologie verankert ist.
Heutzutage erscheint Knecht Ruprecht als finster gekleideter Mann mit Rute, Säcken und manchmal einer Glocke. In einigen Regionen wird er von Perchtenläufen begleitet, die auf die Tradition der alpenländischen Perchten zurückgehen. Diese Läufe, oft von maskierten Gruppen durchgeführt, erinnern an die ursprüngliche Ambivalenz von Hroutpercht als einer Gestalt zwischen Licht und Dunkelheit, die die kosmische Ordnung bewahrt.
Symbolik und Bedeutung
Die Figur Ruprecht und sein mythologischer Vorläufer Hroutpercht verkörpern einen Übergang zwischen heidnischen und christlichen Traditionen. Ihre Symbolik – als Vermittler zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkelheit – zeigt, wie eng europäische Weihnachtsbräuche mit vorchristlichen Glaubensvorstellungen verflochten sind. Sie verdeutlicht außerdem den Einfluss von Geschichten und Mythen auf unsere heutige Vorstellung von Festen und Traditionen.
Hroutpercht ist ein faszinierendes Beispiel für die Verflechtung germanischer Mythologie mit christlicher Symbolik. Als Vorläufer von Knecht Ruprecht zeigt er, wie alte Bräuche im Laufe der Jahrhunderte überdauern und sich an veränderte kulturelle und religiöse Kontexte anpassen. In dieser Gestalt lebt ein Teil der germanischen Seele weiter, verborgen im Schein der Weihnachtslichter.