Herbst, Winter und Frühling (1)

Wenn die herbstliche Morgenröte allmählich den Himmel bedeckt, beginnen die Tage oft schon recht kühl und manchmal neblig. Die Zeit des Altweibersommers geht vorbei. Die Bezeichnung „Altweiber“ bezieht sich möglicherweise auf die Nornen, die am Gewebe des Schicksals spinnen. Im Altweibersommer sieht man einige dieser „Fäden“ durch die Lüfte treiben.

Es ist nicht nur die Zeit der Ernte, sondern auch des Rückblicks und näher rückenden Einkehr.

Herbst 2023
Das Nerthus-Idol verlässt das Heiligtum

Wir wissen doch im Grunde schon, dass die frohen Sommerfarben bald verblassen und die Einkehr der Natur mit all ihrer Vitalität in den Schoß der Mutter Erde bevorsteht.

Herbst 2023
Herbst 2023

Wir holen die Feldfrüchte ein und pflücken die Äpfel und Birnen von unseren Obstbäumen. Auch die Walnüsse sind bald reif. Sie müssen täglich vom Boden aufgesammelt und schnell auf das Trockengestellt gelegt werden, um nicht zu lang im feuchten Gras liegen zu bleiben. Der Herbst beschert reichlich Arbeit, bringt aber auch guten Ertrag, wenn man im Frühjahr und Sommer gut und umsichtig wirtschaftet. Mit Abschluss der Arbeiten kehrt unser Nerthus-Idol in den Erdkeller ein, um über den Winter in der Erde zu verbringen.

Herbst 2023
Das Nerthus-Idol im Erdkeller vor den Obst- und Gemüsekisten

Nerthus hat ihren Weg ins schützende Erdreich angetreten. Der Winter naht…

Die zwei Gesichter des Herbstes

Aus dem nebelverhangenen Morgenrot steigt ein glänzender Tag empor. Nun ist es wieder Herbst. Die mit der Tagundnachtgleiche um den 23.9. herum beginnende erste Hälfte des Herbstes ist vom Reichtum der Ernte geprägt. Schwer neigen sich die Äste der Obstbäume gen Boden, voll reifer Äpfel, Birnen und anderer Früchte. Auch am Erdboden ist es längst soweit, die Erdfrüchte üppig mit beiden Händen aus der Erdkrume zu graben. Der Duft des frischen Erdreichs steigt empor und lässt einen Moment an die heißen Sommertage zurückdenken. Nun aber ist es nachts schon empfindlich kalt geworden – das gibt einen Vorgeschmack auf die herannahende dunkle Jahreszeit.

Das zweite Gesicht des Herbstes tauscht seine bunten Farben gegen das trübe Antlitz der zunehmenden Dunkelheit, der Herbststürme und dem Totengedenken. Und überhaupt sind die düsteren Aspekte der Vergänglichkeit schon wieder viel näher und werden bald vollends stete Begleiter in unserer herbstlichen Welt. Die Winternächte nahen.

Dies ist auch die Zeit des Totengedenkens und Ahnenehrung. Viele verbinden dies heute mit Halloween, einem hierzulade allerdings eher neuen Fest, das den Kindern viel Freude bereitet, und vielen Erwachsenen oberflächliche Zerstreuung bietet, um nicht hinter den grell leuchtenden, blinkenden Vorhang schauen zu müssen. Denn dort warten Gedanke und Erinnerung auf sie, in diesem Fall die Erinnerung an die Verstorbenen, die vor uns waren. All jene, die – wie wir – ihre Hände in die Erdkrume gruben, um voller Hoffnung auf reiche Ernte dem Boden etwas abzuringen. Für eine Ernte muss man säen und allerhand Geschick an den Tag legen. Nichts kommt von allein.