Setze den Keim für Glück und Wohlergehen im neuen Jahreskreis

Ihr schönen Eisigen im Frostgewand, schont weder Kraut noch Gras!
Was ihr berührt mit eis’ger Hand, wandelt ihr in starres Glas.
Wege und Wiesen sind zugedeckt, und der Himmel selbst verhangen,
Alle Steine sind versteckt, alle Weiten eingegangen.
Und Nerthus verharrt auf Wiederkehr.

Nicht ohne Grund nannte man den ersten Monat im Jahreskreis Hartung, den Eismond – die Zeit der Kälte und des hartgefrorenen Schnees. Doch schaut der Monat Januar (benannt nach Janus, dem doppelgesichtigen Gott des Aus- und Einganges) nach zwei Seiten, nämlich vorwärts und rückwärts, also mit einem Gesicht ins neue, mit dem anderen ins alte Jahr.

Hellgrün der Übergang in den neuen Jahreskreis

Und somit verbindet sich mit dem Eintritt in den neuen Jahreskreis auch der dringende Rat zu überlegen, was man erreichen möchte und wonach man trachtet. Übrigens ein altes und etymologisch schönes Wort = trachten als „bestrebt sein, beabsichtigen, etwas Bestimmtes zu erreichen, zu erlangen suchen“, althochdeutsch trahtōn, altsächsisch gitrahton als „betrachten, nach etwas streben“ altenglisch trahtianerklären, erörtern, betrachten“ und entlehnt aus lateinisch tractāre „behandeln, betreiben, sich mit etwas beschäftigen“.  Kurzum welche Ziele man sich persönlich vornimmt, um den Keim für Glück und Wohlergehen zu setzen.

Heil und Wohlergehen im neuen Jahreskreis

Denn so ist der altnordische Ausdruck „til árs ok friðar – heill í nýju ári“ zu erklären, der wörtlich übersetzt „für Jahr und Frieden – Glück im neuen Jahr“ bedeutet und als traditioneller heidnischer Segenswunsch verwendet wurde, um ein gutes und heilvolles neues Jahr und Frieden für die kommende Zeit zu wünschen.

  • heill bedeutet Glück, Wohlstand und Gedeihen
  • ár bedeutet Jahr und symbolisiert in diesem Zusammenhang ein fruchtbares, glückliches Jahr
  • friðar ist der Genitiv von friðr , was Frieden bedeutet

Der vollständige Satz lässt sich sinngemäß so interpretieren: Möge das neue Jahr fruchtbar, friedlich und heilbringend sein.

Winter 2023

Disen und Alfen in der nordischen Mythologie

Daher passt jetzt auch gut in die Zeit, den vielschichtigen Wesen der Alfen und Disen etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Traditionell wurde ihnen speziell an den Übergängen der Vegetationszeit, also der Zeit zwischen Winter und Frühjahr und der Zeit zwischen Herbst und Winter Verehrung entgegengebracht. Wobei die Alfen häufig als die ursprünglichen Bewohner/Besitzer eines Grundstücks, Hofes, Gartens, Land- oder Waldstücks angesehen wurden. Und Disen galten als weibliche Schutzgeister und Schicksalswesen. Ihre genaue Funktion und Rolle variieren je nach Quelle, aber sie stehen in enger Verbindung zu Familie, Fruchtbarkeit, Schutz und Schicksal.

Schutz und Segen

Die Disen gelten als Schutzgeister für Familien und Sippen. Sie wachen über ihre Angehörigen und können sie vor Gefahr bewahren. Oft werden sie als wohlwollende Geister angesehen, die Glück und Fruchtbarkeit bringen.

Verbindung zu den Nornen

Die Disen stehen im Austausch mit den Nornen, die das Schicksal der Menschen weben. Ihr Aufgabenbereich überschneidet sich vor allem in Bezug auf die Lebensführung und das Schicksal.

Fruchtbarkeit und Ernte

In einigen Überlieferungen stehen die Disen mit Fruchtbarkeit und Landwirtschaft in Verbindung, ähnlich wie andere weibliche Gottheiten wie Freyja oder Frigg.

Das Disenfest (Dísablót)

Zu Ehren der Disen wurde das Dísablót gefeiert, ein Opferfest, das wie bereits erwähnt an den Übergängen Herbst/Winter und Winter/Frühjahr abgehalten wurde. Es diente dazu, ihren Schutz zu erbitten und sie um Fruchtbarkeit und Erfolg zu bitten.

Kriegerische Aspekte

In einigen Texten wird sogar erwähnt, dass die Disen auch als Kriegergeister auftreten können. Sie ähneln hierbei den Walküren, die ebenfalls über Leben und Tod auf dem Schlachtfeld entscheiden.

Ein altnordischer Segen, der die Disen und Alfen um Schutz, Gesundheit und Wohlstand bittet, lautet:


Heill Disir og Álfr!
Verið mér og mínum til varnar og gæfu.
Gefið oss heilsu, auðn og frið.
Vakið yfir okkur í nótt sem í dag,
svo að við lifum í sælu og friði.

Heil euch Disen und Alfen!
Seid mir und den Meinen zum Schutz und Glück.
Schenkt uns Gesundheit, Wohlstand und Frieden.
Wacht über uns bei Nacht und bei Tag,
damit wir in Heil und Wohlergehen leben.

Das Alte geht und das Neue kommt

Der alte Jahreskreis liegt längst hinter uns. Nun ist es an der Zeit, den neuen Jahreskreis willkommen zu heißen. Doch ist dieser Übergang mehr als nur ein Wechsel von Tagen.

Alte und neue Mistel – der Jahreskreis schließt sich, ein neuer beginnt.

Der Übergang vom alten in den neuen Jahreskreis ist eine Zeit des Wandels und der Besinnung. Wir verabschieden das Vergangene, lassen Altes los und danken rückblickend für die Erfahrungen, die uns geformt haben. Der Jahreskreis erinnert uns an die zyklische Natur des Lebens: auf Dunkelheit folgt Licht, auf Ende folgt Neubeginn.

Wir verbinden diesen Zyklus Jahr für Jahr mit einem Mistelstrauch, den wir im Flur aufhängen. Die alte Mistel wird im Steinheiligtum verbrannt.

Der Hörgr (Steinaltar) wird mit neuen Mistelzweigen geschmückt. Die alte Mistel wird im Opferfeuer verbrannt.

Die Mistel hat in der heidnischen Tradition eine tiefe symbolische Bedeutung und wird als heilige Pflanze verehrt. Sie wächst hoch oben in Bäumen und wird dadurch als Bindeglied zwischen den neun Welten gesehen – insbesondere als Verbindung zwischen Asgard (Himmel) und Midgard (Erde). Außerdem wird die Mistel als Schutzpflanze betrachtet, die Haus und Familie vor bösen Einflüssen, Krankheit und Unglück bewahren soll. Sie wird über Türen aufgehängt oder als Amulett getragen. Ihre heilenden Kräfte können auch in Ritualen oder in Tränken genutzt werden. Und da sie auch im Winter grün bleibt und ihre Beeren trägt, gilt sie als Zeichen der Lebenskraft und Fruchtbarkeit. Zur Wintersonnenwende und zum Julfest symbolisiert sie die Wiedergeburt des Lichts und der Natur. Allerdings kennen wir auch ihre dunkle Seite aus der nordischen Mythologie: In der Edda ist die Mistel mit der Geschichte um den Tod des Gottes Balder verbunden. Loki nutzte einen Pfeil aus Mistelholz, um Balder, den Gott des Lichts, zu töten.

Zusammengefasst steht die Mistel für Schutz, Heilung, Fruchtbarkeit und die zyklische Erneuerung des Lebens. Sie erinnert uns daran, dass selbst in der dunkelsten Zeit des Jahres Hoffnung und Lebenskraft vorhanden sind.

Lichter in den Rauhnächten

Es liegen jene geheimnisvollen Zeiten zwischen dem Julfest und dem neuen Jahreskreis, beziehungsweise unserem heutigen Weihnachten und dem Dreikönigstag (6. Januar), die seit jeher eine ganz besondere Anziehungskraft ausüben: Die Rauhnächte. Sie sind nicht nur eine Übergangszeit zwischen den Jahren, sondern auch eine Phase, die von Mystik, Tradition und Reflexion geprägt ist. Doch was genau macht diese Zeit so besonders?

Lichter in den Rauhnächten

Die Rauhnächte wurzeln in den alten heidnischen Bräuchen. Die Zahl der Rauhnächte – meist zwölf – steht symbolisch für die zwölf Monate des kommenden Jahres. Es wird gesagt, dass jede Nacht einen Monat repräsentiert und die Erlebnisse oder Träume in dieser Zeit Hinweise auf das kommende Jahr geben könnten. In vielen Regionen wird diese Zeit als Übergangsphase zwischen dem alten und dem neuen Jahr betrachtet, eine Zeit außerhalb der normalen Ordnung.

Mit den Rauhnächten sind zahlreiche Mythen und Traditionen verbunden:

Reinigung und Abschied: Es ist die Zeit des Loslassens. Häuser werden gereinigt, ungelöste Angelegenheiten geklärt und alte Energien verabschiedet. Das Ziel ist es, Platz für das Neue zu schaffen.

Orakeln und Träume: Besonders beliebt ist das Orakeln. Viele Menschen ziehen Karten, führen ein Rauhnacht-Tagebuch oder achten bewusst auf ihre Träume. Diese sollen Einsichten und Vorahnungen für das kommende Jahr liefern.

Räucherrituale: Das Räuchern mit Kräutern wie Salbei, Weihrauch oder Beifuß ist ein fester Bestandteil vieler Rauhnachtsbräuche. Es dient dazu, negative Energien zu vertreiben und Schutz sowie Segen für das Zuhause zu erbitten.

Stille und Innenschau: Die Rauhnächte sind auch eine Zeit der Besinnung. Viele nutzen diese Tage, um das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen, Dankbarkeit zu zeigen und neue Intentionen für das kommende Jahr zu setzen.

Die Rauhnächte sind eine Zeit des Übergangs: Ob durch Räuchern, Orakeln oder stille Reflexion – diese Nächte laden dazu ein, das Alte loszulassen, innezuhalten und voller Hoffnung und Klarheit in das neue Jahr zu starten.

Lichter in den Rauhnächten

In dunkler Nacht, ein sanftes Glühn,
wenn Winde durch die Zweige ziehn.
Die Rauhnacht flüstert, alt und weise,
die Zeit steht still, die Welt wird leise.

Ein Kerzenlicht, so fein, so klar,
erhellt, was uns verborgen war.
Hoffnung glimmt im Flammenlicht,
führt durch Schatten, zeigt Gesicht.

Ein Zeichen, dass im tiefen Schweigen,
Funken zu den Göttern steigen.
Die Lichter tanzen, ruhig und sacht,
Hüter sind sie in der Nacht.

Das Fest der Wintersonnenwende

Die Wintersonnenwende ist eines der ältesten Feste der Menschheit und markiert den kürzesten Tag sowie die längste Nacht des Jahres. Seit Jahrtausenden feiern Kulturen weltweit diesen Wendepunkt, der nicht nur den Winter, sondern auch den Beginn des zunehmenden Lichts symbolisiert.

Für unsere Vorfahren war die Wintersonnenwende ein Zeitpunkt der Hoffnung. In der Dunkelheit des Winters stand sie für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit, eine Zeit der Erneuerung und des Neubeginns. Steinzeitliche Bauwerke wie Stonehenge in England oder die Hügelgräber in Irland sind so ausgerichtet, dass sie das Sonnenlicht der Wintersonnenwende einfangen. Auch die Germanen und Kelten zelebrierten dieses Ereignis mit großen Feuern, Opfern und Festmahlen.

Die Römer feierten das „Saturnalia“, ein Fest zu Ehren des Gottes Saturn, bei dem Geschenke ausgetauscht wurden – ein Brauch, der später in das christliche Weihnachtsfest einfloss. Im skandinavischen Raum wurde das Julfest begangen, das ebenfalls als Ursprung moderner Weihnachtsbräuche gilt.

Die Bräuche rund um die Wintersonnenwende variieren, haben aber oft ähnliche Elemente:

Lichter und Feuer: Feuer symbolisieren die Kraft der Sonne und sind Sinnbild des wiederkehrenden Lichts. Auch Kerzen und Lichterketten erinnern an diese Tradition.

Naturverbundenheit: Immergrüne Pflanzen wie Tannen, Misteln und Stechpalmen symbolisieren Fruchtbarkeit und Leben. Sie werden ins Haus gebracht, um Schutz und Hoffnung zu bringen – eine Tradition, die sich in unserem Weihnachtsbaum widerspiegelt.

Speisen und Gemeinschaft: Das Teilen von Essen in der Gemeinschaft ist ein zentraler Bestandteil. Schon in der Vergangenheit wurden oft die Vorräte für ein Festmahl genutzt, um den Wendepunkt gebührend zu feiern.

Die Wintersonnenwende erinnert uns daran, dass nach der Dunkelheit stets das Licht kommt – ein zeitloses Symbol, das Hoffnung und Zuversicht schenkt, gerade in der kalten Jahreszeit. Egal ob mit einem Feuer im Garten, einer Meditation oder einer Wanderung im Schnee: Das Fest der Wintersonnenwende lädt dazu ein, innezuhalten und den Kreislauf der Natur zu feiern.

Zur Wintersonnenwende

Die längste Nacht, der dunkelste Tag,
der Winter hält die Welt im Schlag.
Doch tief im Schatten keimt das Licht,
die Sonne wächst, sie bricht die Sicht.

Ein Funke glimmt im kalten Land,
das Rad des Jahres dreht sich sanft.
Die Hoffnung strahlt, das Herz wird weit –
Willkommen, neue Sonnenzeit!