Frühjahrsputz im Heiligtum

Frühlingsstürme, Schnee, Regen und Sonnenschein – die Natur erwacht aus ihrem Winterschlaf. Die noch winterkalte Erde schlummert bedächtig unter dem Laub. Doch damit ist nun langsam Schluss. Sól steigt in ihrer Bahn und wärmt nicht nur meinen Rücken bei der Gartenarbeit, sondern erweckt ringsum alles zu neuem Leben.

Rings aufleuchtend und in ein helles Kleid gehüllt, unsterbliche Göttin auf lichtem Wagen. Uralt, doch immer jung, allen Wesen zugewandt bringst hervor das aufsteigende Licht.

In früheren Vorstellungen lagen die beiden Gewalten des Winters und des Sommers in einem fortwährenden Wettstreit: die lichte, fruchtbare Lebenskraft mußte den dunklen, alles erstarrenden Winter besiegen. Unter damaligen Lebensbedingungen konnte der Winter existenzbedrohende Auswirkungen haben. Heute denken wir das alles sei weit weg und tun dies als Relikte einer längst vergangenen Zeit ab. Doch ist das wirklich so? Auf dem Land oder auch auf dem eigenen Grundstück mit eigenen Tieren ist das spürbar; vor wenigen Tagen starb bei uns ein junges Huhn. Vermutlich durch den Winter geschwächt, trotz perfekter Haltungsbedingungen. Sowas kommt vor, sagt man sich auf dem Lande. Und damit gehört es in den großen Kreislauf des Kommens und Gehens. Und heute macht sich noch im Kleinen bemerkbar, was früher zum durchaus leidvollen Alltag gehörte. Der Kreislauf…

Ostara läutet die Wiederkehr und damit auch das Fortschreiten ein. Welch ein glücklicher Zeitpunkt, denn nun bin ich gewiss, dass der Winter sein Ende nimmt. Die Frostriesen stürmen zwar jeden Abend gegen die Feste Midgards an, doch nicht mehr zum Fimbulwinter! Ostara zeigt mir, dass es nicht so ist. Wenn wir uns also im Grunde die uralten Felsritzungen ansehen, dann kommen wir nach der Winterstarre so langsam wieder in die aufwärtsstrebende Spirale und können damit sichergehen, dass sich die Aussaat lohnt. Das ist der Sinn des Kreislaufs. Denn als ich bei -20 C° im nahegelegenen Moor die umgestürzten Bäume der vergangenen Herbststürme zersägte, war ich mir aus unserer infrastrukturell und gesellschaftlich abgesicherten Lebensweise zwar sicher, dass es weitergeht. Doch im Innern lehrt mich doch mein mythologisches Weltbild, dass es jederzeit vorbei sein kann. 

Daher ehre ich das Heilige, das sich in der Natur manifestiert. Bei uns auf dem Hof habe ich dem Heiligen einen Bereich gewidmet und eine räumliche Grenze geschaffen. Ich nenne es mein Steinheiligtum. Hier beobachte ich im Verlauf des Jahres die verschiedenen Gesichter der Jahreszeiten… doch das Sichtbare darf nicht darüber hinweg täuschen, dass wir den Waltenden überall und zu jeder Zeit begegnen können. Die Grenze zwischen heilig und profan setzt zwar eine bewusste Trennung. Aber gerade jetzt in der Zeit Ostaras können wir unseren Blick jeden Morgen gen Morgenröte richten und sehen diesen wunderbaren reich geschmückten Wagen, auf dem Ostara uns entgegen fährt. Es ist einfach toll. Wie können wir den Göttern für so ein Geschenk mehr danken, als durch treuebesiegelten Gabentausch?

Wardruna Review zu „Kvitravn“

Kvitravn – weisser Rabe. Das 5. Album.
Was mir beim 1. Durchgang sofort positiv auffällt sind 2 Dinge: Eine konstant sehr gute Qualität in den jeweiligen Liedern selbst und  – obwohl es das schon 5. Album ist, auf das alle mehr oder weniger GEWARTET haben: keine Lückenfüller-Lieder.
Auf allen 4 Vinyl Seiten finde ich …..
 
……ja was finde ich….. das ist gar nicht so leicht in Worte zu fassen.
Ich finde betörende Musik, die mich trägt, wiegt, und auch an manchen Stellen weckt und mir eine Gänsehaut macht. Die naturbelassene, rauhe Sprache tut ihr Übriges dazu. Diesem Gesamtwerk würde so viel verloren gehen, sänge man es in englisch. Dennoch ist es gut das der D-LP die Texte auch in englisch beigefügt sind – das erspart einiges an Arbeit am PC und ich muss wirklich nur dann aus dem Sessel hoch, wenn ich die Scheibe umdrehen will. Was finde ich noch ……ich schließe die Augen und finde Bilder. Als großer VIKINGS Fan drängen sich mir die Opferungsszenen in Uppsala auf, die Priester und die Tänze, die Opferungen und ich bekomme…..
 
……ja, was bekomme ich….das ist leicht in Worte zu fassen.
Auf der einen Seite bekomme ich Frieden , auf der anderen Seite Sehnsucht im Sinne von „jetzt will ich raus, in den Wald, will dabei diese Musik hören und wandern wandern, allein sein und mit den Göttern reden“ Wäre dies eine Cd, so müsste ich nicht die Seiten wechseln und ich würde garantiert in den Schlaf gewogen.
 
Wardruna haben bisher stark abgeliefert und lassen mit diesem Album keinen Millimeter nach. Gleichermaßen übertreiben sie aber auch nicht und zum Glück verzichten sie auf Experimente komischer Natur. So manche Band meint ja, jetzt mal was anderes machen zu müssen um sich abzusetzen. Wardruna geht einen anderen Weg. Sie tun was sie konnten und verbesserten es, ohne vom Weg abzuweichen.
 
Stellen die bedrohlich wirken schleichen sich genauso in die allerletzte Hirnwindung wie Stellen, die heilend wirken. Das muss man als Musiker erst mal erschaffen und transportieren – davor habe ich größte Achtung.
 
Bewußt gehe ich nicht auf die Inhalte der Lieder ein, dies ist eure Arbeit, euer eigener Weg. Für mich selbst habe ich jedes Lied übersetzt und das Ergebnis stellt mich sehr zufrieden.
 
Ganz besonders hat es mir die D Seite angetan, hier sind es kleine Details die nahezu perfekt gestaltet wurden und mich wertschätzend nicken lassen. Gleichermaßen ist es die Seite die bedrohlich wie auch tröstlich auf mich wirkt und wer mich kennt weiß, das ich auf Zerissenheit stehe, weil ich es selbst bin.
 
Wir, die wir mit unseren Göttern leben, brauchen solche Musik.
 
Verbeugung, Wardruna, danke.

Übersetzungsvergleich Vǫluspá

Im Januar sprachen wir an unserem online-Stammtisch über die verschiedenen Edda-Übersetzungen, insbesondere die der Lieder-Edda (Götterlieder der Älteren Edda). Und dabei gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Übersetzern, deren Edda-Verse zwischen Nachdichtung und/oder möglichst stab-getreuer Übersetzung schwanken. Um ein Gefühl dafür zu bekommen und sich das besser vorstellen zu können, habe ich mal die drei ersten Verse der Vǫluspá genommen und die unterschiedlichen Versionen einander gegenüber gestellt. Zur besseren Übersicht habe ich dies in einem separaten Pdf-Dokument gespeichert:

Zu den Übersetzern

  • Genzmer, Felix
  • Gering, Hugo
  • Häny, Arthur
  • Jordan, Wilhelm
  • Krause, Arnulf
  • Kuhn, Hans
  • Neményi, Géza Árpád v. Nahodyl
  • Nordal, Sigurdur
  • Simrock, Karl

Weiterführende Verweise

Universität zu Köln, Institut für Skandinavistik/Fennistik
Studienbibliographie zur Altnordistik

www.uni-koeln.de Eddadichtung