Zeit der Disen

Wenn die Tage schwanken zwischen Frühlingshauch und bitterer Kälte, wenn man sich freut, dass die Tage langsam wieder länger werden und man denkt, dass einem die erste Frühlingssonne den Rücken wärmt, doch nachts wieder klirrender Frost Einzug hält, ja dann ist mit einiger Gewissheit die Zeit der Disen gekommen. Der Jahreslauf hat längst begonnen und der zweite Vollmond steht am Himmel. Im noch winterkalten Frühjahr, in der Zeit zwischen Jul und Ostara, beginnt das Disenblót.

Wenn sich Arvakr und Alsvidr aus der Morgenröte erheben,
um jeden Tag in aller Früh den Sonnenwagen der Sól
geschwind zu ziehen entlang der Himmelsbahn…
…folgt am Abend
Máni, Bruder der Sól
empor im vollen Lichte,
vor dem blauen Gewand,
in den Nächten des Winters,
der Zeit der heil’gen Disen!

Beim Disenblót (Februar Vollmond) dankt man den Disen und Wesen des Ortes für ihr schützendes und wohlwollendes Wirken in der persönlichen Umgebung. Disen sorgen sich um häuslichen Wohlstand und den Segen der Familie im Sinne von Glück, Gedeihen, Bewahrung und Schutz durch heilvolle Zuwendung. Man stellt ihnen kleine Opfergaben heraus wie zum Beispiel Honig, Butter, Nüsse, Äpfel oder anderes.

Honig, Butter, Apfel und Walnüsse aus eigener Ernte

Heil sei Euch heilige Disen!
Gabenspendende, Segen und Fülle Sendende.
Ihr beschützt und beschenkt
Unser Haus und Hof.
Und wirkt in Wald und Flur.
Frauen bringt ihr sichere Geburt,
lasst Kinder wachsen und wohl gedeihen.
Führt Männer heil heim aus Gefahr.

Heimatliche Disen!
Gebt uns Schutz und Segen.
Lasst Heim und Hof gedeihen.
Beschützt unsere Kinder und gebt ihnen
Ein glückliches und erfülltes Leben.
Gebt Heil unseren Sippen.

Sól og Maní – Begleiter im Jahreskreis

Sonne und Mond (Sól og Maní) begleiten uns im Jahreslauf. Sól ist der Mythologie nach eine der Asinnen. Ob Maní ebenfalls zu den Asen zählt, ist nicht ganz sicher. Ihre Wagen werden von Pferden über den Himmel gezogen, von Árvakr und Alsvidr. Dabei werden sie fortlaufend von Wölfen verfolgt, von Hati und Sköll. Eines fernen Tages holen sie Sól und Maní womöglich ein und Ragnarök bricht heran. Der Maler J.C. Dollmann hat diese Szene um 1900 in seinem Gemälde „The wolves pursuing Sol and Mani“ festgehalten.

Früher war man sich in den dunkelsten Nächten des Jahres wahrscheinlich nie ganz sicher, ob sich das große Rad des Jahres weiter dreht. Im Grunde hat sich daran rein gar nichts geändert, nur dass wir jetzt in moderneren Zeiten mit technischen Mitteln leben, die uns Gewissheit geben.

Ein Blót für ein gutes Jahr

Beim ersten Vollmond des Jahres haben wir ein Blót abgehalten, um den neuen Jahreslauf zu begrüßen und die waltenden Mächte um Glück, Gesundheit, Schutz und Erfolg anzurufen (Asentr.eu: til árs ok friðar). Im Mondkalender, der im Jahreskreis zu sehen ist, lassen sich die Mondphasen gut nachvollziehen.

Maní beginnt seinen neuen Lauf…
Durch Schalenlampen erleuchtet treten wir ins Innere unseres Steinheiligtums…
Hammer, Horn und Opfergaben stehen auf dem Stallr bereit, während mein Sohn und ich das Feuer auf dem Hörgr entzünden.
Ein wunderschönes winterliches Wechselspiel zwischen Mondlicht und Feuerschein.

Runen – Theorie und Praxis (Runenkunde, Runenmagie)

Es gibt inzwischen eine schier unüberschaubare Menge an Büchern zum Thema Runen jeder Couleur und Stilrichtung. Viele davon verschwinden ebenso schnell wieder wie sie aufgetaucht sind. Vielleicht auch besser so, denn manche sind entweder so oberflächlich, dass sich nicht mal ein Probelesen lohnt, oder sie weichen derart weit von einer ernstzunehmenden Betrachtungsweise ab, dass sich ebenfalls keine Leselust einstellen will. Jeder wird das kennen, jeder wird sich schon mal gehörig vergriffen haben. Doch immerhin geht man um eine Erfahrung reicher weiter seinen Weg.

Die Literaturauswahl, die für mich als interessierten (nicht wissenschaftlichen) Leser in Betracht kommt, kann ich in zwei Gruppen einteilen.

Angefangen bei den Standards  wie Arnulf Krause „Runen: Geschichte – Gebrauch – Bedeutung“ oder Klaus Düwels „Runenkunde“, ein schmales Bändchen, das frei von esoterischen Spekulationen ist. Hier bewegt man sich zunächst auf der Ebene wissenschaftlich fundierter und verständlicher Sachbücher. Sie geben als Grundlagenwerke das nötige Handwerkszeug, um für eine tiefergehende Beschäftigung gut ausgerüstet zu sein.

Hier schließt dann der zweite Schritt an, der von der bloßen Theorie in die Praxis führt. Und spätestens an diesem Punkt wird es wirklich schwierig, weil es ja nun darum geht, wie man die Runen nutzen und einsetzen kann, z.B. durch Runenlegen und/oder Befragen, zur Selbstreflexion/Retrospektive oder wie man ihre Kräfte z.B. in Form ihrer Heil- und Schutzwirkung nutzt und so weiter.

Das Anwendungsfeld ist breit, gewissermaßen fließend und nicht klar abgesteckt. Man kann dabei natürlich für sich selber die Entscheidung treffen, dort seine Grenze zu ziehen, wo Einflüsse definitiv außerhalb des germanisch/nordischen Horizonts liegen. Das sollte man auch tun bzw. grundsätzlich einmal überlegen, was einem wichtig ist und worauf es ankommt – allein schon deshalb um den eigenen Fokus festzulegen. Nicht alles spricht einen gleichermaßen an oder ist in der eigenen Lebenswelt überhaupt relevant.

Allerdings lässt sich einiges auch durchaus von vornherein ausschließen, wie z.B. das Armanenfuthark und alles an Material, was dieser Sphäre entspringt. Überhaupt kann ich von völkisch- oder rassenmystisch inspirierten Deutungen nur abraten. Der Kram ist sowas von überholt und sollte in der gegenwärtigen Zeit nun wirklich keine Rolle mehr spielen.

Alleinige Grundlage bilden die 24 Runen des sogenannten Älteren Futhark.

Heidnische Bücher über Runen

Im Bereich der heidnischen (deutschsprachigen) Bücher zur Runenkunde und Runenmagie sind aus meiner Sicht folgende empfehlenswert:

Freya Aswynn (Die Blätter von Yggdrasil), Igor Warneck (Ruf der Runen), von Neményi (Weisheit der Runen), Edred Thorsson*  (Handbuch der Runen-Magie)

* Thorsson (S.Flowers) ist umstritten, das weiß ich. Dennoch bietet sein Handbuch eine enorme Fülle an Informationen, die man mit Bedacht lesen sollte. Mich hat das auf meinem Weg weitergebracht. Leider ist das Buch vergriffen und nur noch gebraucht bzw. antiquar zu teils unglaublichen Preisen zu haben. Eine deutsche Neuauflage würde sich definitiv lohnen.

Heidnische Homepages über Runen

Auf Asentr.eu ist zum Thema Runen generell einiges zu finden: Einsteiger- und Literaturtipps oder Runen gesamt.

Eichenstamm.com bietet einen reichen Fundus, wissenschaftlich fundiert mit heidnischem Hintergrund: Eichenstamm – Runen

Runenkunde.de kenne ich nur übers Internet und hatte (zumindest bisher) noch keinen Kontakt. Diese Seiten bieten aber reichhaltige, und soweit ich das überblicken kann, solide Informationen: Runenkunde.de

An die interessierten Leser

Wer es bis hierher geschafft hat, wird vermutlich ein grundlegendes Interesse an Runen und an der praktischen Arbeit mit Runen haben. Und wahrscheinlich auch schon einige Erfahrungen gesammelt haben. Wer gute und ernstzunehmende Bücher empfehlen möchte, kann das gerne in die Kommentare schreiben (oder mir per Mail schreiben). Gerne auch mit einer kurzen Begründung. Gleiches gilt für Homepages. Darüber hinaus gab es früher, also vor ca. 10-15 Jahren, einige Gruppen die z.B. wie die Runengilde einige Treffen und Kontaktmöglichkeiten etc. organisiert haben. Das scheint es gar nicht mehr zu geben, zumindest sind mir keine mehr bekannt. Falls doch, dann bitte auch in die Kommentare. Vielen Dank.

Der Jahreskreis 2023

Auf freundlichen Hinweis einer lieben Leserin bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, dass ich tatsächlich schon seit einiger Zeit gar keine Übersicht der Jahreskreisfeste angefertigt habe. Hmm, sollte mir das etwa zu denken geben? Werde ich alt, vergesslich… oder gar nachlässig…? Das mögen nur die Götter wissen. Aber sie sind mir weiterhin hold, so wie ich ihnen. Von daher sind das ganz gute Zeichen. Genau wie ich jene Zuschrift als gutes Zeichen werte, denn so weiß ich, dass es nicht nur mir allein nützt, sondern auch anderen. Und daher möchte ich hier nun die Übersicht der Jahreskreisfeste 2023 geben, wie sie aus meiner Sicht zutreffen. Warum schreibe ich das so?

Aus zwei Gründen. Erstens, weil man natürlich zu jeder Zeit ein Blót aus den verschiedensten Gründen abhalten kann. Und zweitens, weil es etliche Seiten im Netz gibt, auf denen  Jahresfeste nach Datum, Mondphasen usw. sortiert zu finden sind – und im gleichen Atemzug vorschreiben wollen, wie man dies oder jenes genau so und nicht anders zu tun hätte. Hmmm… will man das?!

Nein, ich brauche das nicht und ihr sicher auch nicht. Von daher will ich das bewusst nicht! So ist meine Übersicht keinesfalls zu verstehen. Sie bietet Anhaltspunkte. Meine Beweggründe lassen sich anhand meiner ausführlichen Beschreibungen (auf Asentr.eu Jahreskreisfeste) nachlesen und für jeden transparent nachvollziehen. Die überlieferten Quellen aus den Sagas usw. kann man für sich akzeptieren oder eben auch nicht. Das bleibt jedem selbst überlassen. Klar, ich bin natürlich davon überzeugt – und zwar nicht, weil die Artikel nun ausgerechnet aus meiner Feder stammen. Sondern weil ich auf Basis der überlieferten Stellen der Meinung bin, dass es so stimmig ist. Obschon ich auch weiß, dass sich natürlich auch hier und da Ungenauigkeiten, Flüchtigkeitsfehler oder was auch immer eingeschlichen haben könnten. Keine unserer Seiten ist Verkünder alleiniger Wahrheit. Ganz wichtig, bitte immer im Hinterkopf behalten. Davon gibt’s schon genug und dies entspricht nicht meiner Interpretation der Alten Sitte!

Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen (Nordhalbkugel)

  • Wintersonnenwende = Mi. 21.12.2022 (22:47)
  • Frühlings-Tagundnachtgleiche = Mo. 20.03.2023 (22:24)
  • Sommersonnenwende = Mi. 21.06.2023 (16:57)
  • Herbst-Tagundnachtgleiche = Sa. 23.09.2023 (08:49)
  • Wintersonnenwende = Fr. 22.12.2023 (04:27)

Jahreskreisfeste 2023

  • Disenblót = 04./05.02.2023
  • Ostara = 19./20.03.2023
  • Sigrblót = 04./05.05.2023
  • Mittsommerblót = 21.06.2023
  • Herbstblót = 23.09.2023
  • Winternächteblót = 28.10.2023
  • Julblót = 21./22.12.2023

Zeitliche Einordnung zum Nachlesen

Die zeitliche Einordnung der einzelnen Festzeitpunkte und deren Abwägungen können auf der Seite zum jeweiligen Fest nachgelesen werden.

Mondkalender 2023

www.timeanddate.de/mond/phasen/

Er (der Germane) sah in der Welt und im Leben eine geheimnisvolle Ordnung walten, die, menschlicher Verfügung entzogen, seinem Dasein Grundlage und Richtung gab. Seine Religion war der Glaube an die göttlichen Mächte, die diese Ordnung bestimmen und erhalten, und das Bewußtsein, von ihnen in seiner ganzen Existenz abhängig zu sein und ihnen darum Verehrung und Opfer zu schulden.

(Baetke, Das Heilige im Germanischen)

Das fließende Jahresschema

Mein Verständnis vom Jahreskreis orientiert sich weniger an der absoluten Festlegung gewisser Fixpunkte, wie dies die Liste der Jahreskreisfeste vermuten lassen könnte. Vielmehr sehe ich diese Festzeitpunkte als Ankerpunkte innerhalb der Jahresabschnitte. Die Grafik soll das etwas verdeutlichen. Damit möchte ich sagen, daß ich zum Beispiel das Disenblót nicht zwingend genau an dem oben genannten Termin abhalten muß, wenn es draußen stark stürmt und ohne Ende regnet. Manche machen das vielleicht, weil sie drauf beharren – bitte, unbenommen – das kann man gern so halten. Ich sehe das aber anders. Meinem Verständnis nach beginnt ein fließender Zeitraum, der dann in den nächsten übergeht. Die Zeit nach Jul, dem noch winterkalten Frühjahr und Ostara ist ein gutes Beispiel. Die Julzeit geht mit Ende der Rauhnächte ja nicht schlagartig in den Frühling über. Dazwischen liegt die Festzeit der Disen (Dísir). Natürlich kann man einen Festzeitpunkt für sein Blót planen, denn es heißt ja nicht, daß all dies völlig ungeplant vonstatten geht. Wenn der Zeitpunkt zum Vollmond jedoch nicht günstig erscheint, so ist damit die Zeit der Disen nicht vorüber… sondern hat erst begonnen, bis sie fließend in den Frühling (Ostara) übergeht. Ich hoffe, daß die Grafik dies halbwegs klar werden lässt.